Das WordPress-Drama hört leider nicht auf. Was als Auseinandersetzung zwischen Matt Mullenweg (WordPress.org, WordPress Foundation, Automattic) auf der einen und WP Engine auf der anderen Seite begonnen hat, beschäftigt inzwischen immer mehr Teile der weltweiten Community. Und das nicht wirklich positiv. Es wird auch ein wenig schwierig hier den Überblick zu behalten.
Inzwischen geht es kaum noch um die ursprünglich von Matt aufgeworfene Frage, ob WP Engine angesichts ihres Umsatzes genügend an die Community zurückgeben würde. Geklärt ist die Frage natürlich nicht, was alles ein Beitrag an die Community ist – denn WP Engine und ihre Mitarbeiter*innen dürfen inzwischen keine WordCamps und andere offizielle WordPress-Veranstaltungen mehr sponsoren und der Zugriff auf wordpress.org und damit eine Beteiligung an der Entwicklung ist ihnen auch untersagt. Interessant in diesem Zusammenhang ist vor allem die Aussage, dass es sich bei der Website wordpress.org um eine private Site von Matt Mullenweg handle. Dazu gleich mehr.
Es kam dann noch der Vorwurf dazu, dass WP Engine das Kürzel WP so verwenden würde, dass der Eindruck erweckt würde, dass WP Engine quasi der Kern von WordPress wäre. Auch die Marke WordPress soll WP Engine in nicht erlaubter Form eingesetzt haben. Nachdem Matt Mullenweg WP Engine den Zugriff auf wordpress.org untersagt hatte, konnte das Unternehmen natürlich auch keine Updates zu ihrem Plugin ACF mehr dort veröffentlichen. Dies wurde zusammen mit einem Sicherheitsproblem war dann der Anlass dieses Plugin zu „kapern“ – ACF ist also nicht mehr bei wordpress.org zu finden, stattdessen erhält man dort nun einen Fork namens SCF, der vom WordPress-Team betreut wird.
Zwischenzeitlich haben auch die Menschen, die die WordCamps organisieren von Automattic gehört: Sie sollen ihre Zugangsdaten zu den Social Media Kanälen der Konferenzen teilen. Die Begründung dafür war, dass es neue Organisations-Teams gegeben habe, die den Zugriff auf die entsprechenden Konten nicht erhalten haben. Ist durchaus denkbar, schließlich haben nicht nur einige Menschen Automattic verlassen, auch eine unbekannte Zahl bisher in der Community aktiver Menschen haben ihre Aktivitäten zumindest vorübergehend eingestellt. Man mag von der Forderung halten was man mag, ich persönlich halte die Begründung für nicht wirklich zwingend für diese Maßnahme. Da hätte es auch andere Möglichkeiten gegeben. Vor allem, da es gleichzeitig die Forderung gab Posts zu löschen, die in Bezug auf die Auseinandersetzung mit WP Engine „nicht auf Linie“ waren. Veröffentlicht hat die entsprechenden Schreiben die frühere Automattic-Mitarbeiterin Kellie Peterson auf der Plattform, die früher Twitter war.
Aber noch einmal zurück zu der oben erwähnten Information, dass WordPress.org eigentlich gar nicht die offizielle Site des WordPress-Projekts, sondern ein privates Projekt von Matt Mullenweg wäre. Diese Info und die Übernahme des Plugins ACF hat einige andere Entwickler*innen verunsichert. Zum Beispiel Jason Coleman, CEO von Paid Memberships Pro. In einem ausführlichen Blogpost erklärt er, warum sich sein Unternehmen entschieden hat die freie Version des Plugins nicht mehr über WordPress.org zu verteilen, sondern sich selbst darum kümmern zu wollen. Leider sieht es so aus, als würde Matt hier alle Bedenken sogar bestätigen:
Two days after we closed the Paid Memberships Pro listing in the .org repository, Matt sent a direct message to me (Jason) on the WordPress.org Slack Workspace threatening to “take over your listing and make it a community plugin like we did to ACF”.
Unternehmen, die sich finanzieren, indem sie kostenpflichtige Erweiterungen und Services zu ihrer kostenlosen Software anbieten, hat eine solche Drohung ordentlich Potential. Unzählige Links verweisen auf die bisherigen Plugin-Seite auf wordpress.org und sollte hier auf einmal ein funktionsgleiches Plugin angeboten werden, aber ohne die Upgrade-Optionen, dann muss das Unternehmen mit Umsatzeinbussen rechnen. Klar, es handelt sich um Open Source Code, ein solches Vorgehen durch WordPress.org wäre also rechtlich nicht zu beanstanden. Aber was bedeutet das für das Vertrauen in WordPress.org und damit auch WordPress? Definitiv nichts gutes. Warum sollten Unternehmen noch Zeit und Geld investieren freie Versionen ihrer Plugins auf einer Plattform zu veröffentlichen, die im Zweifel diese Plugins einfach übernimmt?
Man kann davon ausgehen, dass weitere Plugins aus dem WordPress.org-Verzeichnis verschwinden werden. Offen bleibt die Frage, ob und vor allem wie hier zerstörtes Vertrauen wieder aufgebaut werden kann und wie groß der Schaden für die WordPress-Community insgesamt am Ende ist. Denn auch wenn Matt Chef der WordPress Foundation, von Automattic und Eigentümer von WordPress.org ist: Eine der größten Stärken und Grund für den Erfolg des CMS ist die Community und eine funktionierende Community braucht nicht nur bei Open Source Projekte eine funktionierende Vertrauensbasis.